Kultur ist kein Luxus

Dem Offenen Brief von 50 Verlagen an die Berliner Landesregierung mit dem Titel „Kultur ist kein Luxus“ anlässlich der geplanten Kürzungen im Berliner Kulturetat haben sich inzwischen zahlreiche weitere Verlage, Literaturagenturen, Buchhändler, Autoren, Lektoren und andere Buchbegeisterte angeschlossen. In diesem Schreiben, das unter anderem von der Berliner Zeitung dokumentiert wurde, wenden sie sich an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, den Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Joe Chialo, die Mitglieder des Berliner Senats sowie an die „sehr geehrten Bürger:innen dieser Stadt“. Die Verlage sind zwar nicht unmittelbar von den Kürzungen betroffen, stellen jedoch in dem Brief dar, welche gravierenden Auswirkungen die Einschnitte auf die Lesekultur in der Hauptstadt haben werden. Der Erzählverlag hat den Offenen Brief ebenfalls unterzeichnet.

 

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Wegner,

sehr geehrter Herr Senator Chialo,

sehr geehrte Mitglieder des Berliner Senats,

sehr geehrte Bürger:innen dieser Stadt,

 

mit großer Bestürzung haben wir, die unterzeichnenden Verlage der Literaturstadt Berlin, von den geplanten Kürzungen im Kulturetat in Höhe von 130 Millionen Euro erfahren. Die Forderung nach einem »Mentalitätswechsel« in den Kulturinstitutionen und die implizite Darstellung von Kultur als entbehrlicher Luxus für eine wohlhabende Elite verkennt die fundamentale Bedeutung von Kunst und Kultur. Sie ist vielmehr existenziell für eine funktionierende und inklusive Gesellschaft.

 

Die geplanten Einsparungen treffen nicht nur die Institutionen, an denen Literatur auf Öffentlichkeit trifft und an denen Autor:innen und Publikum sich begegnen. Sondern sie wirken sich unmittelbar auf die gesamte Literaturszene aus, auch direkt auf uns Verlage, ob klein oder groß. Ohne ausreichende Finanzierung werden Lesungen, Literaturfestivals und andere Veranstaltungsformate reduziert oder gestrichen, was die Sichtbarkeit von Büchern massiv einschränken würde. Betroffen davon sind nicht nur die Autor:innen, sondern die ganze Stadt: Ein kulturell verarmtes Berlin ist ein unattraktives Berlin. Literatur und Bücher sind nicht nur gesellschaftlich wichtig, sondern Kultur ist in unserer Stadt auch ein wesentlicher Standortfaktor, das haben die vergangenen Jahrzehnte belegt. Menschen und Ökonomien siedeln sich aufgrund der lebendigen Kultur in Berlin an – und sie werden in andere europäische Metropolen weiterziehen, wenn die Stadt kulturell verdorrt.

 

Die Förderung von Literatur spielt bereits jetzt eine viel zu geringfügige Rolle. Dadurch hat Literatur einen schweren Stand, obwohl sie essenziell ist: Sie bildet die Grundlage für den gesellschaftlichen Diskurs, stärkt die Lesekompetenz und trägt zur Bildung und Meinungsvielfalt bei. Eine weitere Reduzierung der ohnehin knappen Mittel würde eine Sparte treffen, die bereits an der Grenze ihrer Belastbarkeit agiert. Dies wäre nicht nur kulturpolitisch kurzsichtig, sondern auch ein schwerer Verlust für die geistige Vielfalt der Stadt.

 

Wir fordern daher eindringlich dazu auf, die geplanten Kürzungen im Kulturbereich zu überdenken und die Kultur als unverzichtbaren Bestandteil einer lebendigen und gerechten Gesellschaft anzuerkennen. Investitionen in Kultur sind Investitionen in die Zukunft unserer Stadt und ihrer Bewohner:innen.


Die vollständige Liste der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, die nach wie vor zur Zeichnung offen steht, pflegt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf seiner Internetpräsenz.


Aktualisierung am 6. Dezember 2024

Unterdessen berichtete am 6. Dezember 2024 die Tagesschau, dass nach diesen und vielen anderen Protesten die schwarz-rote Koalition einen Rückzieher mache und die Sparauflagen lockere. Die Tagesschau berief sich auf Informationen des Landessenders RBB. So sollen bei den Kürzungen in Höhe von 130 Millionen Euro die schwarz-rote Landesregierung erhebliche Änderungen vornehmen. Die von den Fachpolitikern abgestimmten Änderungen werden in einer schwarz-roten Spitzenrunde besprochen und nächste Woche im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses debattiert, hieß es. Der Nachtragshaushalt wird am 19. Dezember beschlossen.