Griechische Sagenwelt frei erzählt mit Cordula Carla Gerndt

Vor mehr als 2.000 Jahren schrieb Ovid seine Metamorphosen, eines der bedeutendsten Werke der antiken Mythologie. Die Erzählkünstlerin Cordula Carla Gerndt präsentiert ihre Lieblingsgeschichten, die sie immer wieder neu auf der Bühne zum Leben erweckt, im Band 13 unserer Reihe Der Westentaschenerzähler. Band 14 umfasst ihre Darstellung von Homers Odyssee – als Bettgespräch. Cordula Carla Gerndt hat aus beiden Stoffen Geschichten zum Erzählen von Mund zu Ohr gemacht.


Die Odyssee

Die Odyssee ist neben der Ilias das zweite monumentale Epos der griechischen Antike. Große Teile des Werkes wurden mündlich überliefert. Um die Wende vom achten zum siebten Jahrhundert vor Christus wurde es von Homer – und/oder von Dichtern aus seinem Umkreis – in eine komplexe Form gebracht und in rhythmischen Hexametern niedergeschrieben. Sagenhaftes, Märchenhaftes und Historisches verweben sich zu einem Gesamtkunstwerk. Insgesamt umfasst das Gedicht 24 Gesänge. Im Zentrum stehen die berühmten Irrfahrten des Titelhelden Odysseus mit ihren zwölf  Abenteuern, die Gesänge 9 bis 12. Sie bilden das Herzstück des Epos. Auch in Cordula Carla Gerndts Westentaschenerzähler stehen die Irrfahrten des Odysseus und seine 

Rückkehr nach Ithaka im Mittelpunkt. Dabei hat die Erzählkünstlerin mit eigener Geschichtenpraxis folgende Frage besonders beschäftigt: Wie ist das für ein Paar, wenn einer von beiden jahrelang im Krieg, auf Reisen, in der Fremde ist und dann plötzlich wieder vor der Tür steht? Wie fühlt sich das an, für die Person, die heimkehrt, und für die Person, die zu Hause blieb? Wie erzählt man einander, was in der Zwischenzeit geschah? Odysseus und Penelope liegen in ihrer Erzählvariante nach zwei Jahrzehnten der Trennung im gemeinsamen Bett – und reden. Es ist ein intimes Miteinander. Eine persönliche Erzählung von Mund zu Ohr. Ein Zwiegespräch im Dunkel der Nacht. 

 

Neben der grundlegenden Übersetzung von Heinrich Voß waren ihr vor allem die bild- und textstarken Nach- erzählungen der Odyssee für Kinder und Jugendliche von Ulrich Kager (Ernst Klett Verlag), Dimiter Inkiow  (Hase und Igel Verlag) und Auguste Lechner (Arena Verlag) Vorbild für ihren eigenen Erzählfaden. Doch Vorsicht: Bei jedem ihrer Erzählauftritte wandelt und formt sich der Text aufs Neue. Damit knüpft die Geschichtenerzählerin an die Tradition der Mündlichkeit an, die auch dem antiken Epos zugrunde liegt und Geschichten immer wieder neu beatmet. Denn Mythen erzählen Ereignisse, die so nie geschehen sind und doch ständig geschehen. Sie sind zeitlos.

Metamorphosen

Vor mehr als 2.000 Jahren erschienen in Rom die Metamorphosen von Publius Ovidius Naso, ein in Hexa-

metern verfasstes Riesengedicht mit 250 Episoden, das sowohl bekannte als auch weniger bekannte Mythen der 

griechischen und römischen Welt vereint. Ovid komponierte die Erzählungen in neuer, einzigartiger Weise und schuf so eine populäre Sammlung mythologischer Erzählstoffe, welche Literatur und Kunst der westlichen Welt bis heute prägen. Ovids Geschichten führen uns in alle Bereiche der Welt: vom Himmel auf die Erde, durchs Meer und in die Unterwelt. Zugleich sind sie ein wilder Ritt durch die Palette menschlicher und  zwischenmenschlicher Gefühle. Und – wer hätte das gedacht! – diese Gefühle kennen nicht nur die Menschen, nein, sie sind auch den Göttern keineswegs fremd. Und die Götter mischen in den alten Mythen kräftig mit! 

Mal ist es Neid, mal Gier, mal Übermut, welche die Geschichte voranbringen. Da wird eine von Hochmut getrie-

ben, ein anderer von Eifersucht geplagt und wieder eine andere rebelliert gegen die göttliche Ordnung. Und 

natürlich sorgt das Lieben mitsamt seinen Trieben als »Dauerbrenner« in vielen Geschichten immer wieder aufs Neue für Transformation. Denn das ist der Kern der Metamorphosen: Alles wandelt sich, nichts vergeht. Das Leben ist ein ständiger Fluss der Veränderung. Die Form ist beweglich, das Wesen und das Wesentliche bleibt.

Cordula Carla Gerndt

Cordula Carla Gerndt, Jg. 1971, arbeitet seit über zwanzig Jahren als Erzählerin, Lektorin und Autorin in ihrer eigenen Geschichtenpraxis®. Neben überlieferten Stoffen wie Märchen, Sagen und Mythen greift sie in ihren Erzählungen gerne auf eigene Alltagserlebnisse zurück und verwandelt diese in lebendige Texte, die zwischen Fantasie und Wirklichkeit oszillieren. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen im freien mündlichen Erzählen gibt sie seit Jahren in Workshops weiter. Sie hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht, darunter das erzählende Sachbuch „Der Hund im Kühlschrank. Eine Anleitung zur lebendigen und bewussten Kommunikation“, den Erzählzyklus „Der Nachterzähler“ sowie die „Dackelpost-Trilogie“. Cordula Gerndt ist Mitglied im Verband der deutschsprachigen Erzählerinnen und Erzähler (VEE), im Schriftstellerverband Ostbayern sowie im Forum Kunst- und Kreativwirtschaft Regensburg e.V. Geboren und aufgewachsen in München, lebt sie seit 2019 mit ihrem Mann in Regensburg. Foto: Claudia Göpperl

Termine

Sonntag, 30. März 2025, 14.00 Uhr

Buchpremiere und freies Erzählen

Leipziger Buchmesse

Halle 5, Stand K401